Die Erfolgsgeschichte der deutschen Start-up-Szene
Start-ups? Das sind doch diese jungen Unternehmen mit idealistischen Konzepten. So wurde die deutsche Gründerszene anfangs von vielen belächelt. Doch seit den zögerlichen Anfängen hat sich die deutsche Start-up-Szene zu einem internationalen Erfolgsmodell entwickelt. Wir geben im dritten Teil unserer Serie einen geschichtlichen Überblick.
Die Erfolgsgeschichte der deutschen Start-up-Szene dürfte selbst Optimisten überrascht haben. Denn anfangs war Deutschland alles andere als ein Gründer-Paradies.
Gründergeist war ein Fremdwort
Ganz im Gegenteil! Die Anfänge der deutschen Start-up-Szene gehen zurück auf die Mitte der 1990er Jahre. Zu dieser Zeit war Gründergeist allerdings noch beinahe ein Fremdwort in Deutschland. Junge Menschen wollten keine eigenen Firmen starten, sie waren auf der Suche nach sicheren Arbeitsstellen in etablierten Unternehmen. Doch dann gab es zwei Entwicklungen, die dies schlagartig auf den Kopf stellten: Die Businessplan-Wettbewerbe der Beratungsagentur McKinsey sowie der Börsengang der Deutschen Telekom.
McKinsey brachte 1995 den ersten Businessplan-Wettbewerb nach Deutschland. Nach US-Vorbild wollte man damit junge Absolventen dazu animieren, Unternehmen zu gründen und so eine Start-up-Kultur in Deutschland aufbauen. Die Anfänge waren zwar sehr zögerlich, dennoch nahm die Öffentlichkeit damit zum ersten Mal das Thema „Start-ups” wahr und die Wettbewerbe motivierten viele junge Gründer, ein Unternehmen zu starten. Die großen Start-up-Zentren waren in dieser Zeit Hamburg und München aufgrund ihrer Nähe zu technischen Universitäten und etablierten Technologie-Unternehmen.
Während sich damit in den ersten deutschen Großstädten eine zaghafte Gründerszene aufbaute, ging die Deutsche Telekom an die Börse und startete einen Börsentrend in Deutschland. Neue Technologie-Start-ups entstanden nahezu über Nacht, die vor allem ein Ziel hatten: schnell wachsen, schnell an die Börse gehen und schnell mit den Gewinnen wieder verschwinden. Genauso schnell zeigte sich aber, dass dies keine besonders nachhaltige Strategie war. 2001 platzte die Börsenblase, viele Start-ups gingen pleite und damit geriet auch die junge deutsche Gründerszene in eine Krise – bis die Samwer-Brüder die Start-up-Schmiede „Rocket Internet” in Berlin starteten.
Alle 20 Minuten ein neues Unternehmen
Rocket Internet brachte etablierte Unternehmen, kreative Köpfe, Investoren und junge Gründer in Berlin zusammen und bildete damit die Grundlage für die deutsche Gründerszene 2.0. Die deutschen Gründer hatten aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und setzten nun, neben kreativen Ideen, auch auf nachhaltige Geschäftsmodelle und langfristiges Wachstum. Wie stabil dieses neue Ökosystem war, zeigte sich während der Finanzkrise 2007. Auch hier überlebten nicht alle Start-ups, doch die Szene überlebte die Krise weitgehend ohne Schäden. Seitdem gilt Berlin als einer der beliebtesten Start-up-Standorte in Europa.
Alle 20 Minuten wird hier ein neues Unternehmen gegründet. Zwischen 2008 und 2018 entstanden in Deutschland 28 Einhörner. Zu den erfolgreichsten deutschen Start-ups zählen beispielsweise das Fintech-Start-up N26, Gepäckstück-Hersteller Horizn, die Auto1 Group sowie mittlerweile international etablierte Unternehmen wie Flixbus bzw. Flixmobility, Zalando oder Trivago. Sie alle haben gezeigt, dass sie mit frischen Ideen und nachhaltigen Konzepten erfolgreiche Geschäftsmodelle aufbauen können. Genau diese Kombination aus Mut zu Neuem sowie einem nachhaltigen Geschäftsmodell ist das, was deutsche Start-ups international erfolgreich macht.
So agiert Berlin auf Augenhöhe mit anderen Gründerstädten wie London oder Barcelona. Doch das wirklich spannende an der deutschen Gründerszene ist: Sie ist kein reines Hauptstadtphänomen. Vielmehr hat die Berliner Szene den Rest des Landes inspiriert. Ein Blick auf Investitionsanfragen belegt dies: Die meisten Anfragen kommen von Start-ups aus der Provinz. Das zeigt auch, dass die Start-up-Kultur mehr ist als nur ein kurzlebiger Hype. Sie hat die Arbeitswelt in Deutschland nachhaltig verändert.
Die nächste Stufe: Start-ups und Unternehmen kooperieren
Start-ups gelten in Deutschland mittlerweile als Zentren für Forschung, Entwicklung und Innovation. So hat die Szene auch die Arbeitskultur im Land verändert. Die jungen Unternehmen haben keine Angst mehr davor, neue Wege zu gehen und alte Konzepte zu hinterfragen. Sie leben eine agile Unternehmenskultur, führen mobile Arbeitskonzepte ein und experimentieren mit neuen Technologien. Gleichzeitig haben Start-ups und etablierte Unternehmen erkannt, dass sie viel voneinander lernen können. Unternehmen profitieren von der Agilität und der Innovationskraft von Start-ups. Start-ups wiederum lernen, wie sie langfristig erfolgreiche Unternehmen aufbauen können.
Derart inspiriert sind viele neue Kooperationen zwischen klassischen Konzernen und Gründern entstanden, wie Accelerator-Programme, Inkubatoren oder gemeinsame Hubs. Welche Vorteile die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen und Startups bietet, zeigt das Retailtech Hub. Das Münchner Hub versteht sich als Innovationsplattform für zukunftsorientierte Unternehmen und Startups und wurde 2017 von MediaMarktSaturn und den Accelerator-Experten von Plug and Play Tech Center ins Leben gerufen. Heute arbeiten weitere Handelsgrößen und handelsnahe Unternehmen wie Lidl, Kaufland, s.Oliver Group und Wirecard daran mit.
Mit dem Ziel, den digitalen Transformationsprozess weiter voranzutreiben, begibt sich MediaMarktSaturn in einen intensiven Austausch mit internationalen (Tech-) Startups sowie anderen Unternehmen aus der Handelsbranche. Mit den Startups aus dem Retailtech Hub konnten bereits zahlreiche Pilotprojekte umgesetzt werden.
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