„Früher haben wir 13 Räder erfunden, heute reicht eins“
Mehr Zentralität ist eines der wesentlichen Ziele der Transformation von MediaMarktSaturn. Eines der dazu umgesetzten Projekte ist die Schaffung einer gemeinsamen IT Infrastruktur für all unsere Länder. Wir haben mit MediaMarktSaturn Technology Geschäftsführer Johannes Wechsler darüber gesprochen, was das Konzept „Global Infrastructure“ dem Kunden bringt und wieso Größe einen Unterschied macht.
Egal, ob der DSL-Anschluss zuhause oder die Telefonanschlüsse in der Firma – bewusst wahr nimmt man IT-Infrastruktur eigentlich nur, wenn es hakt. Warum ist das so?
Digitale Infrastrukturen sind heute für alle Lebensbereiche unerlässlich. So wie Strom oder fließendes Wasser. Ob Haushaltsgeräte zuhause oder die Systeme hier bei uns im Unternehmen – alles ist mittlerweile miteinander vernetzt und darauf angewiesen, dass die dahinterliegende Infrastruktur funktioniert. Zu jeder Zeit und in vollem Umfang.
Im Gegensatz zu Strom und Wasser sind untereinander vernetzte Geräte oder Systeme aber noch recht neu – und entwickeln sich sprunghaft weiter. Für MediaMarktSaturn als Händler ist das super, weil wir die entsprechenden Geräte verkaufen. Für MediaMarktSaturn als Unternehmen ist das aber gleichzeitig eine gewaltige Herausforderung. Wenn wir Kunden in unseren Märkten auf 50 Fernsehern plötzlich nicht mehr 4k, sondern 8k Inhalte zeigen, verdoppelt sich dadurch die benötigte Bandbreite. Das schlägt natürlich voll auf das WLAN-System durch.
Um solche Veränderungen in den Griff zu bekommen, ist unsere Größe ein enormer Vorteil.
Inwiefern?
Jede IT-Herausforderung braucht eine Lösung. Wenn ich als Händler nur einen einzigen Laden betreibe, muss ich für die WLAN-Herausforderung wie beschrieben nur einmal eine Lösung finden – kann diese aber auch nur einmal nutzen. Wenn wir – wie bislang – eine Lösung pro Land entwickelt haben, konnten wir diese zum Beispiel in Deutschland schon 420-mal, also in jedem Markt, nutzen. Dank Global Infrastructure nutzen wir sie nun gleich mehr als 1.000 Mal - europaweit.
Beim Projekt „Global Infrastructure“ geht es also vor allem um ein gemeinsames, stärkeres WLAN?
Nein, das ist eines von sieben Teilprojekten. Es geht auch um Themen wie Cyber-Sicherheit, Service Management und Servicedesks, Vor-Ort-Support für unsere Märkte, ein gemeinsames Datencenter und die technische Ausgestaltung der Arbeitsplätze.
Übergreifend über diese sieben Projekte geht es darum, dass wir die gesamte IT-Infrastruktur-Kompetenz bündeln. Das gilt vor allem auch für unser Team. Bildlich gesprochen: Früher haben wir 13 Räder erfunden, heute reicht eins. Das braucht weniger Ressourcen – die können wir nun auf andere Themen verteilen. Damit lösen wir schneller mehr Probleme oder ermöglichen schneller mehr Innovationen. Schließlich brauchen unsere Systeme permanente Verbesserung.
Inwiefern hilft das Projekt „Global Infrastructure“ dem Endkunden?
Nun, indirekt sind unsere Kunden immer in Kontakt mit der Infrastruktur – wenn sie das Produkt ausprobieren, nach dem Preis fragen, es bezahlen, liefern oder reparieren lassen und es wiederverkaufen wollen. Nichts geht ohne eine funktionierende digitale Infrastruktur.
Zudem gilt: Wenn der Verkäufer in der IT-Hotline schneller eine Lösung bekommt oder das WLAN reibungsloser funktioniert, steht mehr Zeit für die Kundenberatung zur Verfügung.
Es ist damit ein Baustein, um uns zu einem kundenorientierteren Unternehmen zu machen. Denn es unterstützt alle vier strategischen Initiativen gleichzeitig.
Das hört sich nach einem echten Mammut-Projekt an. Dabei sagen wir ja immer, dass wir keine dieser mehrjährigen Großprogramme mehr umsetzen wollen und stattdessen auf agile, schnell-sichtbare Veränderung setzen.
Und genauso ist das Projekt aufgesetzt. Wir bereiten nicht jahrelang akribisch etwas vor, das wir dann mit „Big Bang“ und allen Fehlern auf einmal liveschalten, sondern arbeiten Schritt-für-Schritt – beispielsweise stellen wir jede Woche 3-4 Märkte auf das neue, verbesserte Netzwerk-Konzept um.
Im Ergebnis hilft uns auch das effizienter zu werden – da Probleme beim Roll-Out in Land 1 in Land 2 nicht mehr wiederholt werden.
Um das umzusetzen waren übrigens auch viele Themen der Zusammenarbeit zu lösen, denn wir sind einer der ersten wirklich global agierenden Bereiche des Unternehmens. Wir haben in den letzten Monaten gelernt, in virtuellen Teams über Sprach- und Landesgrenzen hinweg zu arbeiten – und das mit fast 300 Mitarbeitern. So sitzt beispielsweise der Globale Leiter des Service Desks in Spanien, während ein Großteil der Mitarbeiter dieses Teams in Deutschland arbeitet.
Wieviel Überzeugungsarbeit mussten Sie dabei leisten – im Management und innerhalb Ihres Teams? Was waren die wesentlichen Argumente, die am Ende alle überzeugten?
Von der grundsätzlichen Logik konnten wir die Geschäftsverantwortlichen – also die Landesgeschäftsführungen – schnell überzeugen. Es ist schließlich einleuchtend, dass in der Theorie gemeinsame Infrastruktur viel effizienter und effektiver ist. Wir mussten sie vor allem davon überzeugen, dass das auch in der Praxis funktioniert. Ein gutes Argument ist hier die Größe des Projektteams – gerade die kleineren Länder profitieren davon, dass zur Lösung akuter Probleme nun deutlich mehr Ressourcen zur Verfügung stehen.
Haben Sie schon Projekte ähnlicher Größenordnung gestemmt? Falls ja, was sind die Unterschiede zu GI?
Viele aus unserem Team und auch ich selbst haben auch vorher schon große Infrastrukturprojekte vorangetrieben.
Die sind im Grunde immer gleich – riesige Projekte von elementarer Business-Relevanz, die sauber konzipiert und dann konsequent abgearbeitet werden müssen. Gleichzeitig sind sie aber auch jedes Mal anders – weil sich die Technologie stetig weiterentwickelt.
Zudem sind die jeweiligen Anforderungen sehr unterschiedlich. So waren bei meinem vorherigen Arbeitgeber ProSiebenSat1 eher die enormen Datenmengen für Bewegtbild die Herausforderung. Bei MediaMarktSaturn hingegen geht es darum, dass ein 20-Mrd. Euro Business durchgehend laufen muss – 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche.
Warum könnte das Projekt scheitern?
Als Ganzes kann es im Grunde nicht scheitern, weil wir es Stück für Stück implementieren – eine zweistellige Zahl von Märkten in Deutschland sind beispielsweise schon auf das neue WLAN umgestellt. Und die Erreichbarkeit der internen IT-Hotline hat sich schon deutlich verbessert. Nichtsdestotrotz sind wir natürlich darauf angewiesen, dass die Nutzer – also die Mitarbeiter aus allen Bereichen – laufend Input geben, damit wir uns immer wieder schnell verbessern.
Warum aber wird es auf keinen Fall scheitern?
Wegen des Teams. Wir haben viele sehr qualifizierte und motivierte Mitarbeiter, eine begeisternde Kultur der Zusammenarbeit und das feste Ziel, tolle Ergebnisse für unser Unternehmen und natürlich für unsere Kunden auf die Beine zu stellen.